Foto von Günter Kemper
Eine naturnahe Haltung von europäischen Landschildkröten ist nur in einem Gehege mit Frühbeet oder Gewächshaus möglich, da diese Tiere nicht für die Haltung im Terrarium geeignet sind. Auch viele andere Schildkrötenarten können in den Sommermonaten in einem Gehege im Freien gepflegt werden. Das Sonnenlicht als natürliche UV Quelle ist durch keine noch so gute Lampe zu ersetzten. Auch die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind für viele Arten vorteilhaft und lassen sich in der Innenhaltung nur schwer nachempfinden. Für viele Schildkrötenarten hat eine Außenhaltung also viele Vorteile, allerdings birgt sie auch Gefahren, die hier näher erläutert werden.
Prädatoren (Fressfeinde), die unseren Tieren im Freiland gefährlich werden können:
Ratten sind leider weit verbreitet. Sie passen durch die kleinsten Löcher und können sehr gut klettern und graben. Da sie Allesfresser sind stellen sie für unsere Schildkröten eine sehr große Gefahr dar. Diese Schädlinge sind sehr schlau und wenn man eine Ratte beobachtet, dann sind in den meisten Fällen mehrere in der Nähe, da sie in Familienverbänden leben. Stellt man fest, dass man Ratten im Garten hat, sollte man sich professionelle Hilfe holen um diese Tiere wieder los zu werden. Mit Lebendfallen oder Schlagfallen fängt man leider nur wenige oder gar keine Tiere und man bekommt das Problem damit nicht in den Griff.
Von den vielen unterschiedlichen Arten von Mäusen sind ebenfalls einige Allesfresser und können vor allem juvenilen Schildkröten Verletzungen zufügen. Sie passen durch die kleinsten Löcher oder graben sich Gänge, um an ihre Nahrung zu gelangen.
Elstern, Dohlen, Eichelhäher und Krähen können unsere Schildkröten am Kopf und an den Gliedmaßen verletzen. Kleine Schildkröten werden von den Vögeln im Schnabel weggetragen, während des Fluges fallen gelassen oder an anderer Stelle gefressen. Viele dieser Vögel sind sehr neugierig und entdecken schnell, dass Schildkröten eine ziemlich leichte Beute sind.
Waschbären sind in vielen Regionen Deutschlands mittlerweile heimisch geworden und stellen eine ernsthafte Bedrohung für unsere Schildkröten dar. Diese intelligenten Räuber kommen ursprünglich aus Nordamerika und in der Natur gehören Schildkröten zu ihrem natürlichen Beutespektrum. Sie können ohne Probleme Schieber oder Riegel an Eingängen öffnen, um ins Gewächshaus oder Frühbeet zu gelangen. Daher sind sie so gefährlich!
Auch Marder können für unsere Schildkröten gefährlich werden, da es sich um Fleischfresser handelt. Auch sie sind sehr schlau und verschaffen sich sehr schnell Zugang zu einem nicht ausreichend gesicherten Frühbeet oder Gewächshaus.
Leider kommt es nicht selten vor, dass Hunde unsere Schildkröten verletzen. Auch wenn Hunde nur spielen möchten und in die Schildkröte hineinbeißen führt das nicht selten zu ernsthaften Verletzungen oder zum Tod der Tiere. Der Panzer einer Schildkröte ist nicht so widerstandsfähig wie er ausschaut und auch kleinere Hunde haben eine enorme Bisskraft.
Ein gut durchdachter Schutz der Schildkröten im Freiland ist daher unumgänglich!
Gehege von Jungtieren und klein bleibenden Wasserschildkrötenarten sollten von oben mit einem Gitter oder einer Voliere gesichert werden.
Foto von Günter Kemper
Foto von Günter Kemper
Große Gehege können mit einem Netz gesichert werden, allerdings besteht dadurch die Gefahr, dass Vögel sich im Netz verfangen und Schaden nehmen. Daher sollte jeder Halter für sich entscheiden, wie er in diesem Fall vorgeht.
Foto von Ulrike Landau
Auch ein artgerecht strukturiertes Gehege mit vielen Versteckmöglichkeiten bietet den Schildkröten einen guten Schutz vor Angreifern aus der Luft.
Foto von Günter Kemper
Frühbeete und Gewächshäuser sollten durch Materialien wie Stein oder Metall vor dem Eindringen von Fressfeinden gesichert sein. Der Schutz sollte mindestens 60 cm, besser 80 cm weit in die Erde reichen. Im Boden sind zum Beispiel Gehwegplatten oder auch Maschendraht mit 10 mm Maschenweite geeignet. Es gibt mittlerweile auch Komplettlösungen aus Metall und Draht, die fest mit dem Frühbeet verbunden sind und ein Eindringen von Prädatoren verhindern. Alle Eingänge sollten so konzipiert sein, dass sie sich fest verschließen lassen und dicht sind.
Foto von Günter Kemper
Die meisten Prädatoren sind dämmerungs- oder nachtaktiv und daher sollten grundsätzlich alle Schildkröten nachts im verschlossenen Gewächshaus oder Frühbeet untergebracht sein.
Besitzer von Hunden sollten ihre Tiere immer im Auge behalten, damit es nicht zu Bissverletzungen kommt.
Neben den Prädatoren gibt es für unsere Schildkröten noch weitere Gefahren im Freiland.
Gewächshäuser oder Frühbeete sollten möglichst an der höchsten Stelle des Geheges stehen. Die Eingänge sollten so angelegt sein, dass sie höher liegen, um bei starkem Regen Überschwemmungen zu vermeiden. Es ist davon auszugehen, dass es in den nächsten Jahren in vielen Regionen vermehrt zu Starkregenereignissen kommt die dazu führen, dass Gehege in kurzer Zeit vollständig unter Wasser stehen. Für die Tiere gibt es dann häufig leider keine Chance zu entkommen. Wenn die Möglichkeit besteht, so ist auch eine Drainage sinnvoll, um Wasser zügig abfließen zu lassen. Grundwasser in der Grube kann während der Starre zum Problem werden. Wenn bekannt ist, dass der Grundwasserspiegel sehr hoch ist und die Schildkröten gefährden könnte, dann sollten die Tiere nicht in der Grube starren, sondern in einen Kühlschrank oder einen geeigneten Keller überführt werden.
Foto von Barbara Hentschke
Um eine Überhitzung der Tiere zu verhindern sollten Gewächshäuser und Frühbeete mit einem automatischen Fensterheber ausgestattet sein und bei sehr hohen Temperaturen im Sommer zusätzlich schattiert werden. Schildkröten suchen auch an heißen Tagen Schutz in ihrem Frühbeet und können dort durch zu hohe Temperaturen Schaden nehmen. Fensterheber gibt es in unterschiedlichen Ausführungen und passend für die jeweiligen Frühbeete der Hersteller. Als Schattierungen sind zum Beispiel Sonnensegel oder Sonnenschirme geeignet, die entsprechend über dem Frühbeet oder Gewächshaus angebracht werden.
In Frühbeeten und Gewächshäusern sollte die Möglichkeit bestehen diese frostfrei zu halten, um bei einem plötzlichen Temperatursturz sicher zu sein, dass die Tiere dort keinen Schaden nehmen. Schutzhäuser mit Deckelheizung oder Heizstrahler/ Heizgebläse bieten da eine gute Möglichkeit. Hochwertige Frühbeete und Gewächshäuser mit 16 mm Stegdoppelplatten sind daher für die Haltung deutlich besser geeignet als minderwertige Frühbeete mit dünneren Stegdoppelplatten. Findet die Starre der Schildkröten im Frühbeet statt, so kann man dies im Winter zusätzlich mit Styrodur oder Noppenfolie isolieren. Dadurch bleibt die Temperatur auch im Winter ziemlich konstant und die Kosten für Strom halten sich in Grenzen. Auch hier gibt es bereits fertige Lösungen vom Hersteller, die wie eine Kapuze über das Frühbeet gestülpt werden.
Foto von Güter Kemper
Vor allem zum Ende der Hibernation (Winterstarre) und beginnender Aktivität ertrinken Wasserschildkröten, wenn sie nicht schnell genug an die Wasseroberfläche gelangen. Wasserschildkrötenteiche sollten so angelegt sein, dass die Tiere an mehreren Stellen bequem das Wasser verlassen können. Flach abfallende Uferbereiche, Wurzeln und große Steine sind ideal für die Schildkröten, um an Land zu gelangen. Teiche mit steilen Wänden sind für die Haltung in der Regel nicht geeignet. Grundsätzlich sollte die Gestaltung und Tiefe der Schildkrötenteiche immer den Bedürfnissen der Tiere angepasst sein. Es gibt unter den Wasserschildkröten gute Schwimmer, die mit hohem Wasserstand gut zurechtkommen und auch in der Natur in tiefen Gewässern zu Hause sind. Andere Arten, wie zum Beispiel die Tropfenschildkröte (Clemmys guttata) kommen natürlich in flachen Seen oder kleinen, ziemlich flachen Gewässern vor und sind daher nicht die besten Schwimmer.
Text von Günter Kemper